„EU-Kommissar Michel Barnier hatte zwar bereits klargestellt, dass die Kommission mit ihrer Konzessionsrichtlinie keineswegs eine Privatisierung der Wasserversorgung in der EU anstrebe – Barnier sprach sogar von einer bewussten Fehlinterpretation – doch in Österreich glauben ihm weder die SPÖ noch die Oppositionsparteien. Sie laufen weiter Sturm gegen die vermeintlichen Pläne zur Wasser-Privatisierung.
Im EU-Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz hat sich am Donnerstag eine deutliche Mehrheit (28 dafür, 10 dagegen, 2 Enthaltungen) für den Vorschlag der EU-Kommission ausgesprochen. Ausschussmitglied Josef Weidenholzer fordert deshalb, dass in der Frage der Wasserversorgung zuerst das Plenum des EU-Parlaments im März abstimmen soll, bevor die Trilog-Verhandlungen des EU-Parlaments mit Kommission und Rat beginnen.“
Diese Pressemeldung steht stellvertretend für viele andere, die ähnliche Töne von sich gaben. Das Wasser sei „tabu“ für die EU, so äußerten sich empörte Politiker in den Medien. Doch wer von ihnen (Presse und Politik) hat die EU-Richtlinien und Verträge wirklich durchgelesen?
Diese Zahl ist wohl verschwindend gering, denn diese Art der Lektüre ist ungefähr so angenehm wie ein Zahnarztbesuch. Der wesentliche Unterschied besteht jedoch darin, dass die wirklich schmerzhafte Behandlung – die durch die EU-Richtlinien und Verträge hervorgerufen wird – erst mit einer (häufig großen) Zeitverzögerung eintritt und kaum überschaubar ist.
Warum? Weil die Texte so formuliert sind, dass die wahren Absichten dahinter nur schwer zu durchschauen sind und deshalb unsere naiven Politiker und dressierten Journalisten nicht merken, was hier gespielt wird.
Ich möchte deshalb aus gegebenen Anlass (Konzessionsrichtlinie) untersuchen, wie dieses doppelte Spiel der EU-Kommission funktioniert und welche entscheidende Rolle sprachliche Formulierungen dabei haben.
Was sind die offiziellen Ziele der betreffenden EU-Richtlinie laut EU-Kommission?
Größerer Kontext: „Förderung von Wachstum und Vertrauen“ (der Investoren, nicht der EU-Bürger!)
- Rechtsunsicherheit bei der Vergabe von Konzessionen verringern (für AN und AG)
- mehr Effizienz bei Auftragsvergabe und Durchführung (bessere Leistung zum günstigeren Preis)
- Marktzugang für alle Unternehmen sicherstellen („freier Wettbewerb“)
- Mehr Wachstum durch „mehr Wettbewerb“ usw.
Wer könnte dagegen etwas haben? Das klingt doch alles positiv, oder? Genau darin besteht ja der semantische Trick dieser Formulierungen: wer Kritik anmeldet, gerät schnell in die Defensive, denn die ideologische Basis für alle Argumente und Richtlinien ist einen „freien Binnenmarkt“ zu schaffen, der nicht durch verkrustete, staatliche Strukturen „verzerrt“ ist, und der – wenn er nur endlich verwirklich wird – für alle eine segensreiche Wirkung entfalten soll.
Um diese Utopie endlich zu realisieren, haben sich die Staaten durch die EU-Verträge (bzw. schon vorher durch Erfüllung der Beitrittskriterien) ja verpflichtet, „Reformen“ durchzuführen, die in das neoliberale Fantasieland führen sollen. Die Ironie dabei ist, dass die kritisierte „innovationshemmende Bürokratie“ (staatliche Regulierung) der Nationalstaaten inzwischen durch zehntausende Seiten EU-Bürokratie mehr als nur Konkurrenz bekommen hat – und es ist kein Ende in Sicht.
Denn um den (angeblich) „freien Markt“ zu erschaffen, müssen tausende Vorschriften erlassen werden, weil dieser in einer menschlichen und demokratischen Gesellschaft sonst niemals zustande käme.
Die EU-Kommission, in ihrer Rolle als fleischgewordenes, Heiliges Offizium der neoliberalen Religion verlangt ebenso absoluten Gehorsam von den Mitgliedsstaaten, wie die katholische Kirche von ihrer „Herde“ der Gläubigen. Die Methoden haben sich natürlich seit der Inquisition geändert, sie sind wesentlich subtiler geworden, aber das Grundprinzip ist dasselbe geblieben:
Jede Abweichung vom wahren Glauben (heilige Dreifaltigkeit: Binnenmarkt -Wettbewerb – Wachstum, erreicht durch „mehr privat“ und „weniger Staat“) wird mit Strafen und Sanktionen geahndet (Klagen durch die EU-Kommission, Nötigung durch Kontrolle über Geldpolitik und Kredite, etc.) und soll schwere Schuldgefühle auslösen. Auch dann, wenn die zentrale Ursache der Probleme eben der „einzig wahre Glaube“ ist, und nicht das „über die Verhältnisse leben“ (Verstoß gegen EU-Gebote) einzelner Mitgliedsstaaten.
Aber kommen wir zurück zur Richtlinie – hier ein Absatz aus der Einleitung:
Auf den ersten Blick wird hier das bestätigt, was Michel Barnier in den Medien beteuert hat: die EU-Kommission will doch den Kommunen nicht vorschreiben, unverzichtbare Versorgungsleistungen zu privatisieren. Nur wenn diese „beschließen“ private Unternehmen mit öffentlichen Aufgaben zu “betrauen“, dann müsse unbeschränkter Marktzugang garantiert sein.
Dieser Text suggeriert also, die ENTSCHEIDUNGSFREIHEIT der Kommunen werde durch die Richtlinie nicht angetastet. Es gibt also kein „Diktat“ aus Brüssel, das den Zugriff des privaten Kapitals auf öffentliche Versorgungsleistungen garantieren will…
Dann ist ja alles ok, oder? Schön wär’s. Ein Blick auf den zentralen, alles überstrahlenden Paragraphen der EU-Grundsatzverträge zeigt, wohin die Reise wirklich geht.
In den „Bestimmungen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) ist festgelegt, dass der „[…] Binnenmarkt einen Raum ohne Binnengrenzen [umfasst], in dem der freie Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen der Verträge gewährleistet ist.“
Besonders interessant ist für die gegenständliche Untersuchung der „Allgemeine Grundsatz des freien Kapitalverkehrs“, der im Artikel 63 des AEUV definiert ist. Darin heißt es, dass
„alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten [sind].“
Dieser Grundsatz ist der Heilige Gral der EU-Verträge, die ja nur ein Werkzeug dafür sind, die Machtverhältnisse zwischen den Nationalstaaten und Brüssel, zwischen den ehemaligen „Sozialpartnern“ (Arbeitnehmer und Unternehmer) sowie vor allem zwischen „Kapital“ (Vermögensbesitzer & Finanzindustrie) und Staat grundlegend zu ändern. Das Ziel ist eine systematische Umverteilung von „der Arbeit“ zum „Kapital“, von „unten“ nach „oben“ und die Stärkung des Finanzsektors (seiner politischen Macht) auf Kosten der produktiven Wirtschaft. Die „Erfolge“ bzw. Schäden (aus der Perspektive der überwältigenden Zahl der Verlierer) sind ja seit Jahren spürbar und sichtbar, werden aber so präsentiert, dass nur eine kleine Minderheit merkt, was hier wirklich los ist. Massenproteste gibt es nur dort, wo der Leidensdruck enorm ist (wie in Spanien, Griechenland, Portugal, Italien, England, etc.).
Der Trick der neoliberalen Priesterschaft in der Ökonomie ist, dass ihre Doktrin bzw. deren Umsetzung durch die Politik immer als „alternativlos“ hingestellt wird – ein klares Anzeichen dafür, dass es sich hier um ein totalitäres (Denk-)System handelt.
Zu beachten ist hier der ausdrückliche Hinweis (den es in den ursprünglichen Verträgen wohl nicht gab …)
- dass es für den Begriff „Kapitalverkehr“ in diesem Grundsatzvertrag keinerlei Einschränkungen in Bezug auf diejenigen [gibt], die das Recht haben, sich auf diese Freiheit zu berufen“;
- dass der Artikel 63 „unmittelbar“ gilt, „, d. h. er muss nicht erst auf der Ebene der Mitgliedstaaten in innerstaatliche Rechtsvorschriften umgesetzt werden, und verleiht Einzelnen unmittelbar Rechte, auf welche diese sich gegenüber einzelstaatlichen Gerichten berufen können
- dass „alle Beschränkungen verboten [sind]“: Art. 63 AEUV verbietet alle Beschränkungen, nicht nur diskriminierende. Der Artikel legt ein generelles Verbot fest, welches „[…] über die Beseitigung einer Ungleichbehandlung der Finanzmarktteilnehmer aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit hinausgeht […]
- In Bezug auf Zahlungen legt Art. 63 Absatz 2 AEUV Folgendes fest: „Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.“
Diese „Grundsätze“ sind der Stoff, aus dem die Entmündigung von Parlamenten und die Reduzierung von gewählten Politikern zu wirtschafts- und finanzpolitischen EU-nuchen gemacht wird. Doch anscheinend merken die Betroffenen noch immer nicht, dass sie sich mit der Ratifizierung der EU-Verträge scheibchenweise selbst entmachtet haben oder, wie es Steve Keen so schön formuliert hat, das Ziel ist „… to reduce the realm in which political intervention is seen as legitimate“ (intervenieren darf nur mehr die Kommission).
Die oben angeführten Begriffserläuterungen zum Artikel 63 AEUV lassen also nur einen Schluss zu: das Verbot über Einschränkungen des Kapitalverkehrs ist ABSOLUT.
Doch liest man weiter, stellt man fest, dass es zu diesen „grundlegenden Merkmalen des [zentralen] Grundsatzes“ auch Ausnahmen gibt – wie geht das denn?
Unter der Überschrift „Privatisierung“ finden wir folgende Textpassagen:
„Gemäß Art. 345 AEUV lassen die „[…] Verträge […] die Eigentumsordnung in den verschiedenen Mitgliedstaaten unberührt“. (In der englischen Fassung ist diese Formulierung noch stärker: “The Treaties shall in no way prejudice the rules in Member States” , also die Verträge sollen IN KEINER WEISE die existierenden Regeln der Mitglieder tangieren)
„Ein Grundsatz, der besonders im Zusammenhang mit Privatisierungsmaßnahmen wichtig ist. „
Auch der nächste Satz scheint bestens dazu geeignet, etwaige Befürchtungen über von Brüssel „diktierte“ Privatisierungen auszuräumen:
„Die Privatisierung eines Unternehmens (d. h. der Übergang vom öffentlichen zum privaten Sektor) ist „[…] eine politische und wirtschaftliche Entscheidung in ausschließlicher Zuständigkeit der Mitgliedstaaten […]“
Auch hier wird als logische Interpretation des Textes suggeriert: man will die ENTSCHEIDUNGSFREIHEIT der nationalen Regierungen nicht beschränken. Doch wie sieht die Praxis aus? Schaut man sich die Klagen der EU-Kommission gegen Länder an, die an das Märchen von „der ausschließlichen Zuständigkeit“ glaubten, wird bald klar, dass hier gewaltige, sprachliche Nebelkerzen gestreut wurden.
In diversen Urteilen stellt der europäische Gerichtshof fest, dass „Mitgliedstaaten sich nicht auf Artikel 345 AEUV berufen dürfen“ um Beeinträchtigungen der im Vertrag vorgesehenen Freiheiten […] zu rechtfertigen, die sich (z.B.) aus Vorrechten ergeben, mit denen ihre Aktionärsstellung in einem privatisierten Unternehmen ausgestattet ist“.
Was ist das denn für ein Bockmist? Die von einer anerkannten Autorität erteilte „Freiheit, etwas tun zu dürfen“, kann auch als „Recht“ bezeichnet werden. Die Berufung auf Rechte, die auf nationaler Ebene legitimiert sind, dürfen aber die in den EU-Verträgen alles überragende „Freiheit des Kapitals“ (in Wahrheit ein absurdes „Recht auf Profite“) nicht einschränken – wie lässt sich das mit der Behauptung vereinen, dass die Verträge keinesfalls das vorhandene Regelwerk der Mitgliedsstaaten in Punkto Eigentumsordnung beeinträchtigen? Aber es kommt noch dicker:
In der Rechtssache C-174/04, Kommission gegen Italien, […] hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden, dass „[…] die Bestimmungen des Vertrags über den freien Kapitalverkehr […]“ nicht „[…] zwischen privaten und öffentlichen Unternehmen […] [unterscheiden].“
EU Demokratie: WIR MÜSSEN NUR WOLLEN …was Brüssel will
Welche Maßnahmen auf staatlicher Ebene zum Schutz des öffentlichen Interesses „verhältnismäßig“ und „angemessen“ sind, bestimmt die EU Kommission (oder der europäische Gerichtshof CJEU). Was „am wenigsten einschneidend ist“ – also die „Rechte“ der Kapitalbesitzer Profite zu maximieren, am wenigsten tangiert, ist theoretisch gestattet, im Endeffekt aber gar nichts, weil eben – wie oben bereits erwähnt, alle Beschränkungen verhindert werden sollen – es ist also in Wahrheit ein absolutes Verbot, das durch die Anführung von „Ausnahmen“ verschleiert wird. Wenn die Mitgliedsstaaten annehmen, sie könnten im Zweifel ihre nationalen Gesetze anwenden, um bestehende Systeme zu schützen – BIG MISTAKE.
So glaubte z.B. die spanische Regierung, bei der Privatisierung der strategisch wichtigen Infrastruktur (Telekommunikation, Energie, Bankensektor) könne der Staat maßgebliche Weichenstellungen – im öffentlichen Interesse – vornehmen und hat deshalb entsprechende Gesetze im Parlament verabschiedet. Doch schon bald kam ein die rote Karte aus Brüssel in Form einer Klage der EU-Kommission.
EU Doublespeak im O-Ton:
„Der Gerichtshof der Europäischen Union hat festgestellt, dass „[…] der freie Kapitalverkehr als tragender Grundsatz des Vertrages nur dann durch eine nationale Regelung beschränkt werden [kann]“, wenn diese aus den in Art. 65 Abs. 1AEUV genannten Gründen oder durch „[…] zwingende Gründe des Allgemeininteresses [overriding requirements of the general interest] gerechtfertigt ist.“
Was „zwingende Gründe“ sind, liegt aber wieder im Ermessen des Gerichtes, ebenso wie die Bestätigung der „Verhältnismäßigkeit“ und so geht es fröhlich weiter:
Die vom jeweiligen Mitgliedsstaat vorgesehenen Maßnahmen zum Schutz des nationalen Interesses (vor den Machtinteressen ausländischer Investoren, denen die Menschen in diesem Land völlig egal sind), müssen also dahingehend überprüft werden, ob sie tatsächlich
„geeignet sind, die Verwirklichung des mit ihr verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist“
(Rechtssprechung europäischer Gerichtshof CJEU).
Selbst in jenen Urteilen, in denen der CJEU scheinbar die Argumente des jeweiligen Mitgliedslandes akzeptiert, ist immer nur von „kann“ und „könnte“ die Rede und auch das nur „unter Umständen“ (deren Anwendbarkeit wieder der Gerichtshof absegnen muss). Und ob es sich wirklich um ein „berechtigtes Interesse“ handelt, darüber befindet natürlich auch das Gericht (also indirekt die Kommission).
Ich bin kein Jurist, sondern versuche nur, mit Logik und gesundem Menschenverstand die mystifizierende Sprache der EU-Papiere zu analysieren. Man bräuchte wohl Experten für forensische Linguistik bzw. juristische Semantik um die Doppelbödigkeit dieser Texte in ihrer ganzen rechtlichen Dimension zu enttarnen.
DIE EU THINKPOL: TARNUNG DURCH DIE SPRACHE
Alle die in der Schule George Orwell gelesen haben (am besten in der Originalfassung) haben begriffen, wie sehr das Denken der Menschen durch die Sprache beeinflusst werden kann. Es gibt wohl keinen größeren Tarnbegriff zur Verschleierung einer totalitären und undemokratischen Ideologie, als das Wort „Freiheit“. Dieser Begriff ist so positiv besetzt und gilt als universeller, grundlegender Wert der Menschheit, dass seine Verwendung unbewusste Emotionen auslöst und jeden „Gegner von Freiheit“ oder gewissen Freiheiten automatisch in die Defensive drängt. Daher also der „tragende Grundsatz“ der EU-Verträge „die Freiheit des Verkehrs von Waren, Personen und Kapital“.
Dass diese moralisch so positiv besetzte „Freiheit“ aber zum Horrortrip werden kann, wenn man die realen Machtverhältnisse auf „den Märkten“, zwischen den Staaten und den Klassen innerhalb einer Gesellschaft (zunehmende Polarisierung zwischen arm und reich) anschaut, dieser Gedanke kommt beim Lesen der EU-Texte erst gar nicht auf. Das soll ja auch so sein. Dass es bei der Formulierung von EU Verträgen (aber auch WTO, IMF, etc.) und „Richtlinien“ um Weichenstellungen geht, durch die wirtschaftliche und politische Machtverhältnisse dauerhaft geändert werden, darüber soll sich niemand den Kopf zerbrechen.
Stattdessen kleidet man die Verträge in die Sprache der ökonomischen Vernunft: man spricht von „Effizienz“, „Transparenz“, „Kostenreduktion“, „“Koordinierung“, „Marktöffnung“ „nachhaltigem Wachstum“, etc. Dass die ökonomischen Theorien, (die in den Wirtschaftsuniversitäten dominieren) auf denen das ganze neoliberale Denkgebäude beruht, in der realen Welt völlig unhaltbar sind, wird ja auch nie in den Medien erwähnt, also kann man sich auch noch die intellektuelle Tarnkappe der Mathematik aufsetzen, um sich gegen Kritik zu immunisieren (bezüglich der sozialen Folgen dieser Politik)
Implizierte Prämisse der EU: mehr „privat“ (und damit „weniger Staat“) in der Wirtschaft ist immer effizienter, bedeutet also weniger Kosten für bessere Leistung. Der ideologische Hintergrund dieser Annahmen ist natürlich die Hypothese von der Effizienz der Märkte, die durch den Neoliberalismus zu einem Kult avanciert ist.
Da Versorgungsleistungen Grundbedürfnisse befriedigen, auf die niemand in einer zivilisierten Welt verzichten kann, sind sie eben keine Handelswaren (Dinge, die für den Verkauf produziert werden), sondern besonders schützenswerte öffentliche Güter (auch die Produktion von Lebensmitteln (Grundnahrungsmitteln) sollte zu dieser Kategorie gehören – mehr dazu in einem späteren Beitrag)
Da es keinen Sinn macht, miteinander konkurrierende Stromnetze oder Wasserleitungen zu bauen, stellen diese Versorgungsleistungen auch ein „natürliches Monopol“ dar, ein weiterer Grund, warum eine Privatisierung nicht sinnvoll ist. Außerdem gibt es ja genügend Beispiele dafür, dass bereits erfolgte Privatisierungen weder zu mehr „Effizienz“, noch zu günstigeren Preisen geführt haben. Dazu gibt es auch eine sehr gute Doku von der MONITOR Redaktion des WDR: (Bitte auf das Bild klicken)
Zum Schluss noch ein interessanter Auszug aus den Gerichtsakten des o.a. Verfahrens gegen Spanien (Klage der EU-Kommission):
„Rein wirtschaftliche oder verwaltungstechnische Erwägungen könnten jedenfalls keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen, der Beschränkungen der im Vertrag vorgesehenen Freiheiten rechtfertigen könne.
So könnten das Tabak herstellende Unternehmen Tabacalera SA und der Bankenverband Corporación Bancaria de España SA (Argentaria) auf den ersten Blick nicht Gegenstand einer auf zwingende Gründe des Allgemeininteresses gestützten Rechtfertigung sein.“ [auf den zweiten aber vielleicht doch?]
Kommentar:
Dass die erzwungene Privatisierung aller Banken und die Abschaffung der Kapitalverkehrskontrollen massiv zur globalen Finanzkrise und jetzt zur „Schuldenkrise“ Spaniens (und der gesamten EU) beigetragen haben, will die EU-Kommission nicht begreifen.
„Rein wirtschaftliche Erwägungen (Profitmaximierung privater Investoren) oder verwaltungstechnische „(wie der „offene Markt“ zu funktionieren hat, wird „verwaltungstechnisch“ durch tausende Vorschriften aus Brüssel vorgegeben) Erwägungen sind aber sehr wohl ein „zwingender Grund“ für die andere Seite …nämlich die EU-Kommission.
Wir sehen also, some are more „free“ than others …if they have more power .. also: die, die am meisten „Kapital“ haben, haben auch mehr „Freiheit“ = Macht als andere (die große Mehrzahl der Menschen) die Spielregeln zu ihrem Vorteil zu ändern …
In diesem Sinne: Screw the EU …und unsere Parteien, die sich von ihr politisch kastrieren lassen …
(Aus der Serie „Screw the EU“ wird es noch mehr Beiträge geben …aus leidvollem Anlass …)